Das englische Wort „anon“ ist ein archaischer Begriff, der in der heutigen Alltagssprache kaum noch verwendet wird, jedoch in älteren Texten, insbesondere in der Literatur der Shakespeare-Zeit, häufig vorkommt. Es handelt sich um ein Adverb, das mehrere Bedeutungen haben kann – vor allem zeitliche –, je nach Kontext. In der modernen Sprache taucht es gelegentlich noch in poetischen oder dramatischen Zusammenhängen auf.

Herkunft und Bedeutung

„Anon“ stammt aus dem Altenglischen „on ān“, was so viel wie „in einem (Augenblick)“ bedeutete. Daraus entwickelte sich die Bedeutung „bald“ oder „in Kürze“.

Hauptbedeutungen:

  1. In Kürze / Bald
    – „I’ll come anon.“
    → „Ich komme gleich.“
    Diese Verwendung war besonders im elisabethanischen Englisch verbreitet.
  2. Sogleich / Sofort
    – Im Sinne von „unverzüglich“, oft in höflicher oder dienstbeflissener Weise verwendet.
    – Beispiel: In vielen Shakespeare-Stücken sagt ein Diener „Anon, sir!“ – also: „Komme sofort, Herr!“
  3. Gelegentlich: Wieder / bald darauf
    – Etwas passiert wieder oder unmittelbar nach etwas anderem.

Verwendung in Literatur

William Shakespeare und seine Zeitgenossen verwendeten „anon“ sehr häufig. Es war ein Standardwort im täglichen Sprachgebrauch der englischen Renaissance.

Beispiel aus Shakespeares „Macbeth“:

“I drink to th’ general joy o’ th’ whole table,
And to our dear friend Banquo, whom we miss;
Would he were here! To all, and him, we thirst,
And all to all.”
Lords: “Our duties, and the pledge.”
Macbeth: “Avaunt! And quit my sight! Let the earth hide thee!
Thy bones are marrowless, thy blood is cold;
Thou hast no speculation in those eyes
Which thou dost glare with!”

Obwohl „anon“ hier nicht direkt auftaucht, ist es typisch für den Sprachstil in solchen Passagen – rhythmisch, formal, archaisch.

Moderne Verwendung

Heute ist „anon“ nur noch selten in aktivem Sprachgebrauch, findet sich aber noch in folgenden Kontexten:

  • Poesie und Theater: Als bewusst eingesetztes Stilmittel für eine archaische oder romantische Stimmung.
  • Ironisch oder stilisiert: Manchmal wird „anon“ in moderner Sprache ironisch oder nostalgisch verwendet, z. B. in E-Mails:
    – „I shall respond anon.“ (Antwort folgt in Kürze – in leicht altmodischem, charmantem Ton.)
  • Anmerkung: Nicht zu verwechseln mit der Kurzform „anon.“ für „anonymous“ – z. B. bei Autorenangaben.

Sprachvergleich

Im Deutschen gibt es kein direktes Äquivalent für „anon“, das dieselbe stilistische Wirkung hat. Entsprechende moderne Übersetzungen wären je nach Kontext:

  • „bald“
  • „gleich“
  • „sofort“
  • „in Kürze“

Zusammenfassung

MerkmalBeschreibung
WortartAdverb
BedeutungBald, in Kürze, sofort
StilArchaisch, poetisch
HerkunftAltenglisch „on ān“ („in einem [Moment]“)
Verwendung heuteVorwiegend literarisch oder stilisiert

Fazit

„Anon“ ist ein kleines, aber geschichtsträchtiges Wort der englischen Sprache. Es bringt die Eleganz und den Rhythmus vergangener Sprachstile zum Ausdruck und eignet sich hervorragend für die Analyse klassischer Literatur. Wer sich mit Shakespeare oder alter englischer Dichtung beschäftigt, wird „anon“ zweifellos begegnen – und es vielleicht selbst mit einem Augenzwinkern in den eigenen Wortschatz aufnehmen.

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